Tauben fliegen auf : Roman

Abonji, Melinda Nadj, 2010
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Medienart Buch
ISBN 978-3-902497-78-9
Verfasser Abonji, Melinda Nadj Wikipedia
Systematik LDP - Literatur Deutsch Primär
Schlagworte Interkulturalität
Verlag Jung und Jung
Ort Salzburg
Jahr 2010
Umfang 314 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Melinda Nadj Abonji
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Vom Ankommen in der Fremde, vom Ankommen bei sich: Die Geschichte einer jungen Frau zwischen den Kulturen, zwischen der Vojvodina und der Schweiz. (DR)

"Wir haben hier noch kein menschliches Schicksal, das müssen wir uns erst noch erarbeiten." (S. 85) Dieser Satz ist zum Motto der hart arbeitenden Eltern von Ich-Erzählerin Ildikó Kocsis geworden, die aus dem Norden Serbiens in die Schweiz emigrierten, um sich im Westen eine neue Existenz aufzubauen. Sie, die Kinder Ildi und Nomi, sollten "es einmal besser haben". Präzise beschreibt Melinda Nadj Abonji, 1968 in Becsej, Serbien, geboren und seit 1973 in der Schweiz wohnhaft, den Seelenkonflikt Ildikós, die zwischen den Kulturen steht, ein "Mischwesen" ist (S. 160), das sich trotz dem sicheren Zuhause in der Schweiz hier nicht immer angenommen fühlt, sich zurücksehnt in ihr altes Leben an der Seite der Großmutter, in ihre Heimat in der Vojvodina, wo die ungarische Minderheit lebt, zu der ihre Familie gehört. Die intelligente Ildi, die sich als Bedienstete im Café ihrer Eltern immer mehr ihrer Identität beraubt fühlt, die die Demut, mit der sich ihre Eltern in fremdenfeindliche Situationen fügen, nicht versteht, merkt zunehmend, dass sie verschwinden muss aus dieser Art Leben, bevor sie ganz zur immer freundlich lächelnden Serviertochter wird.
Versiert verschränkt Abonji Gegenwärtiges mit Vergangenem, indem sie Ildi in Reminiszenzen die Geschichte ihrer Familie vor dem Hintergrund des Balkankonflikts zusammensetzen lässt. Lebendig erzählte Erinnerungen an die Kindheit im kommunistischen Jugoslawien, an die späteren Besuche daheim, als man im schokoladefarbenen Chevrolet einfuhr und für Aufsehen sorgte, an die geliebte Mamika, die ihren Mann sehr früh unter tragischen Umständen verlor, wechseln einander ab mit Schilderungen vom Fußfassen in der Schweiz. Als 1992 die Situation am Balkan eskaliert, der Bürgerkrieg ausbricht und der Kontakt zu den Verwandten in der Vojvodina immer spärlicher wird, fühlt man sich hilflos, führt man ein Leben "im Zuschauerraum" (S. 154).
Melinda Nadj Abonji zeigt mit dieser Familiengeschichte, die durch die politischen Umbrüche im Jugoslawien des 20. Jahrhunderts von schmerzlichen Einschnitten geprägt ist, äußerst feinsinnig, was Emigration bedeuten, wie sich die Zerrissenheit zwischen Zuhause und Heimat anfühlen kann. Ein Buch, dem man ein paar Seiten Zeit schenken muss, bis man mit dem Erzählduktus vertraut ist. Der mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnete Roman eignet sich hervorragend für Literaturgesprächskreise und sei allen LiebhaberInnen anspruchsvoller Literatur sehr gerne empfohlen!

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Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp);
Autor: Dr. Markus Fritz;
Die Familie Kosic gehört zu einer ungarischen Minderheit und ist aus der Vojvodina in Serbien in die Schweiz ausgewandert. Die Familie Kosic ist eine Musterfamilie: sie tut alles, um in der Schweiz angenommen zu werden. Zuerst betreiben sie eine Wäscherei, dann ein kleines Cafè, zum Schluss die angesehene Cafeteria am Ort. Die Töchter werden zu Serviertöchtern ausgebildet. Dass die Integration nicht immer so einfach ist, erzählt die Tochter Ildiko, die Ich-Erzählerin des Buches. Es ist eine Integration durch "Überanpassung". Warum das aber nicht so einfach ist mit dem "Schweizerinsein", das schildert die Autorin mit Detailkenntnis, Witz und sprachlicher Geschmeidigkeit. Ein weiteres wichtiges Thema des Buches ist der Abnabelungsprozess von den Eltern. Der Roman beginnt mit einer Reise in die alte Heimat zu Beginn der 80er Jahre, kurz nach Titos Tod. Erste Zerfallserscheinungen sind bemerkbar. Später werden sie nicht mehr im Sommer in die Vojvodina fahren können, denn der Krieg bricht aus. Die Autorin entwickelt ein kritisches und plastisches Bild des "Lebens zwischen zwei Welten", das der deutschsprachigen Literatur neue Themen, Schauplätze und Klänge hinzufügt. Es fällt auf, dass 7 Romane, die für die "Long List" des Deutschen Buchpreises nominiert waren, von AutorInnen mit Migrationshintergrund stammen. Dies ist sicherlich eine Bereicherung für die deutsche Literatur. Der Roman von Nadj Abonij wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2010 ausgezeichnet.

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